Malerei von Claudia Eckstein-Strehlow Plattenspieler und Zubehör - Manfred Strehlow
Malerei von Claudia Eckstein-StrehlowPlattenspieler und Zubehör - Manfred Strehlow

Einführungsrede zur Ausstellung im Frauenzentrum am 10.03.2007

Liebe Claudia,

 

es   freut   mich    sehr,   heute   zur   Vernissage   der    Ausstellung   Deiner   „Venus   von  Willendorf“-Serie sprechen zu dürfen. Bis zum 27. Mai wird an jedem 2. und 4. Sonntag im  Monat – wie üblich – das Museum hier geöffnet sein. Bischofsheim hat mit seinem Museum  im  Alten  Rathaus  einen  wundervollen  Raum  –  und  mit  Dir  eine  engagierte  und  sehr  produktive Künstlerin. In den letzten zwei Jahren sind über doppelt so viele Arbeiten wie hier  zu sehen sind, zum Thema „Venus von Willendorf“ von Dir entstanden. Seit Du im Oktober  vergangenen Jahres eine Auswahl der Serie im historischen Kreuzgewölbe von Dieter Hembel  in  Höhen-Sülzen  gezeigt  hast,  sind  neue  Arbeiten,  die  wir  ab  heute  hier  sehen  können,  dazugekommen.

 

 

Liebe Gäste,

 

ein bemerkenswertes Variationspotential hat die hier anwesende Künstlerin mit ihrem Sujet  der  „Venus  von  Willendorf“  entwickelt.  Vor  etlichen  Jahren,  so  sagte  sie  mir,  hat  sie  die  original  steinzeitliche  Statuette  „Venus  von  Willendorf“  im  Naturhistorischen   Museum  in  Wien gesehen. Die wissenschaftlich nachweislich mindestens 25.000 Jahre alte, 12 cm große  Kalksteinstatuette,  bei  der  es  sich  um  eines  der  ältesten  künstlerischen  Zeugnisse  der  Menschheit handelt, ist bis zu ihrer Auffindung im Jahr 1908 im Lößboden,  genauer gesagt in  einer  Aschenschicht,  nahe  eines  steinzeitlichen  Herdes  konserviert  gewesen.  Wenn  sich  übrigens Claudia Eckstein-Strehlow zu einer Publikation, also zu einer Postkartenedition oder  zu einem Bildband ihrer „Venus von Willendorf“-Serie entschließt, dann würde diese genau  zum 100-jährigen Jubiläum der Auffindung der „Venus von Willendorf“-Statuette erscheinen.  Ich  kann  sie  zu  diesem  Schritt  nur  ermutigen!  In  Österreich,  in  der  Wachau,  westlich  von  Wien gibt es übrigens eine Steinskulptur von  1,20 m (also in genau der gleichen Größe der  hier zu sehenden Bilder und damit der genau zehnfachen Maße zum Vorbild), direkt  an der  Ausgrabungsstätte in Willendorf.

 

 

Die Farbe ROT spielt für die „Venus von Willendorf“-Serie (und die Original-Statuette) eine  wichtige Rolle. Die Statuette weist Spuren von einer rot farbigen Fassung (Bemalung) auf.  Bei den ersten Gemälden der ab 2004 entstandenen Serie von Claudia Eckstein-Strehlow ist  eine rote Sandgrundierung gesetzt. Die Darstellung der Statuette in pastoser Ölfarbe wirkt vor  dem glatten  Hintergrund um so plastischer. Die Variationen reichen hier von einer frontalen  Sicht auf die stehende und einer Sicht auf die liegende Statuette bis zu einer Rückenansicht  und einer Ansicht im Profil. Diese alle mit dem glatten roten Hintergrund. Alle Arbeiten sind  in reiner Ölfarbe gearbeitet. Nur ein vor 2004 entstandenes, kleineres Format war in Acryl  gesetzt. Die ersten Arbeiten sind „gemalte Skulpturen“.

 

 

Viele Rätsel birgt die Venus-Statuette bis heute, die weder von uns, noch von der Forschung  und Wissenschaft geklärt werden können. Die Funktion der „Venus von Willendorf“ wird ein  Rätsel bleiben. Ist sie eine Fruchtbarkeitsgöttin? Wenn ja, so hätte man, wenn es sich um eine  verbreitete, religiös angebetete Form handelte, doch viele tausend Exemplare finden müssen.  Es sind aber für den Zeitraum des Alters 35.000 bis 25.000 Jahre und für den immerhin sehr  weiten  Raum  vom  Westen  Frankreichs  bis  in  den  Osten  Rußland  weniger  als  einhundert  Statuetten weiblicher Figuren gefunden worden (und keine so ausgearbeitet, wie die Venus  von Willendorf). Es ist wohl nicht von einer Göttin, sondern eher von einem Wunschbild zu   sprechen. Nur wer in der Steinzeit gut genährt war, überlebte. Der frühsteinzeitliche Mensch

wird  sich  ein  gutes  Ernährtsein  gewünscht  haben.  Von  der  wohlgenährten  Form  des   Weiblichen   Körpers   geht   ein   Wunsch,   eine   Faszination   aus.   Mit   einem   zusätzlichen  erotischen  Aspekt  spielt  Claudia  Eckstein-Strehlow  nun.   Das  „Pärchen“,  zwei  sich  als  Pendants anschauende Venus Statuetten, sind wie zwei gemalte  Steinskulpturen. Eine neue  Stufe  erreicht  die  Serie  durch  die  zweiteilige  Körperlandschaft  der  nächsten  Arbeit.  Unser  Auge glaubt beim ersten Blick über etwas wie eine Felsenlandschaft oder über eine Landkarte  zu  wandern.  Bei  wechselnder  Beleuchtung  erzielt  übrigens  die  pastose  Oberfläche  eine  unterschiedliche, wechselnde Wirkung. So wie über eine Landschaft Wolken ziehen können  und ihren Anschein verändern, können Sie, liebe Gäste, sich das vorstellen.

 

Erst  in  einem  zweiten  Moment  wird  klar,  daß  wir  uns  nicht  in  einer  Gebirgslandschaft,  sondern mit unserem Blick auf der Körperlandschaft einer Frau befinden. Wir können aber –  und das ist hier eine unglaubliche Leistung – über diese nah heran gezoomte Perspektive doch  unseren Blick schweifen lassen. Wir brauchen nicht mehr unbedingt davon auszugehen, daß  sich unser Blick auf dem Körper der Kalksteinstatuette befindet. Eine Lebendigkeit kommt  nämlich als neues Element ist der Serie dazu.

 

Variierende Blickwinkel werden uns mit den nächsten Beispielen geboten: Aus der Sicht der  Venus, an sich selbst herabblickend eine Perspektive- hier links gehängt - und (als ein zweites  der   kleinformatigen Gemälde) geht der Blick – hier rechts gehängt- von unten auf das intim  Dreieck  der  Venus.  Der  Blick  hier  von  unten  auf  oder  fast  in  das  Dreieck  ist  eines  der  gewagtesten, intimsten und - meiner Meinung nach - schönsten Exemplare der Serie! (Hier  sollten wir erst einmal durchatmen). Wenn ich mich mit den Musikern genauer abgestimmt  hätte, welches Stück hätte ich oder hätten sie wohl vorgeschlagen. Als literarisches Zitat liegt  mir auf der Zunge:“… und ewig lockt das Weibliche“. Das Dreieck ist eine ewige Form. Es  taucht hier ja auch in verschiedenen Beispielen mehrfach auf und, wie ich gesagt habe, muß  nun nicht mehr ausschließlich die Kalksteinstatuette gemeint sein, die der Ausgangspunkt der  Serie ist, sondern auch ein lebendiger Frauenkörper kann gemeint sein.

 

Die Dreiecksform verlassend, kommen wir zu einem kreisförmigen Strudel, der unseren Blick  fängt, und der als Bauchnabel identifiziert werden kann. Wenn wir weiter weg stehen, dann  können  wir  hier  von  einer  Venus  im  „Milchkaffee-Teint“  sprechen:  Warme,  lebendige,  erdenfarbene Töne beherrscht das Bild. Wenn Sie, liebe Besucher, etwas später mal näher an  das Bild herangehen, dann können sie inmitten der Braun- und Beige-Töne auch Spuren von  Gelb, Blau und Grün entdecken. Und in dem Bild daneben? Plötzlich ein Körperausschnitt,  der durch seine kalten, blaß grünen Farbtöne und durch seine Darstellung der fast wie Stein  wirkenden Oberfläche an eine Mondlandschaft erinnert, gibt plötzlich wieder so etwas von  Ewigkeit und von Stein gewordener, erkalteter Skulptur. Hier sind wir auf  eine neue Art und  Weise also doch nochmals beim Material Stein.

 

Als  Rückgriff  auf  die  zuvor  angesprochene  Farbe  Rot  haben  wir  noch  zwei  Beispiele,  bei  denen nicht nur der Hintergrund, sondern die gesamt Bildfläche in Rot-Tönen gehalten wird.  Rot  ist  die  Farbe  des  Lebens  (Blut),  der  Liebe,  der  Leidenschaft,  aber  Macht,  Würde  und  Schönheit. Im Arabischen und im Russischen ist „schön“ und „rot“ ein Wort. Ich lasse den  Aspekt der Assoziation von Feuer und der Signalfarbe eher außen vor.

 

Als Schluß sehen wir in der hiesigen Präsentation noch eine „Black Venus“, auch bei dieser  Venus  ist  eine  wundervolle  Oberflächenwirkung,  die  sich  je  nach  Beleuchtung  verändern  kann, da. Auch hier sind wieder ganz viele einzelne Farbelemente in der Nah-Sicht erkennbar.  Es  ist  eines  der  Beispiele  für  die  Darstellung  eines  lebendigen  Frauenkörpers.  Schon  vor  25.000  Jahren  hat  der  Körper  der  Frau  Fasziniert.  Es  geht  bis  heute,  wie  die  Werke  von  Claudia  Eckstein-Strehlow  zeigen,  eine  Faszination  von  ihm  aus.  Die  Bilder  von  Claudia  Eckstein-Strehlow sind eine Huldigung an die Ewigkeitsformen des Körpers der Frau!

 

 

von Eva Patrizia Morreale

Rüsselsheimer Echo  - 4.11.2008

Ausstellung - Claudia Eckstein-Strehlow zeigt Variationen der" Venus von Willendorf"                      Elfriede Schmidt Rüsselsheimer Echo  - 4.11.2008

 

Schemenhaft ragen sie aus dem ungestümen Farbenmeer heraus ­und wachsen sich aufgrund der reichhaltigen Farbskala und der haptischen Qualität des reliefartigen Farbauftrags zu beinahe raumgreifenden Installationen aus. Die" Venus" -Varianten in den mitunter schummrigen Farbzonen die Claudia Eckstein-Strehlow gegenwärtig im Frauenzentrum unter dem Titel" Venus in Arboretum I" zeigt, machen die "Venus von Willendorf" , sinnlich und ­mit oft verschwimmenden Konturen, zur zentralen Bildfigur.

 

Aufbewahrt wird die rund 25000 Jahre alte, 1908 in der österreichischen Wachau aufgefundene drall-rundliche Göttinnen- Figur im Naturhistorischen Museum Wien. Dort hat die Künstlerin ­sie gesehen und eine Replik des knapp zwölf Zentimeter großen, aus Kalkstein geschnitzten Figürchens erworben. Wie die "Bunten Götter" der Hellenen, die gegenwärtig im Frankfurter Städel zu ­sehen sind, hatte auch die kleine, steinzeitliche "Venus von Willendorf" einen Farbanstrich, vermutlich rot, worauf die anhaftenden Farbreste deuten.

 

Gesäß, Bauch und Brüste sind prall, Beine und Gesicht nur im Ansatz herausgearbeitet, Nabel und Geschlecht hingegen deutlich markiert. Weil die Figur gut in der Hand liegt und leicht transportier­bar ist, gilt sie als eine der frühes­ten Kultfiguren der Menschheit, ähnliche frühe Muttersymbole wurden im Balkan, in Frankreich, in Italien, in der Türkei, der Ukrai­ne und in Sibirien gefunden.

 

Seit 2004 arbeitet Claudia Eck­stein-Strehlow an ihrer "Venus"-Serie, und die Kunsthistorikerin Eva Patrizia Morreale, die früher in den Opelvillen beschäftigt war und nunmehr diplomiert und freischaffend tätig ist, erinnerte an die vor genau hundert Jahren bei archäologischen Grabungen aufgefundene "Venus von Willendorf" - ein Jubiläum, das jetzt mit der Rüsselsheimer Ausstellung zusammenfällt.

MAIN-SPITZE - 04.11.2008

Rot dominiert

Gemälde-Ausstellung im Frauenzentrum           Vom 04.11.2008

Von Anja Geyer

 

RÜSSELSHEIM Kleine und große Gemälde abstrakter Baumstrukturen und der geheimnisvollen "Venus von Willendorf" konnten im Rüsselsheimer Frauenzentrum bei der Vernissage der Künstlerin Claudia Eckstein-Strehlow unter dem Titel "Venus in Arboretum" bewundert werden. In ihrer Ausstellung verbindet die 47-Jährige Werke ihrer Zyklen "Bilder von Bäumen" und "Venusbilder". Auf einer Reise in die Toskana vor zwölf Jahren wurde die in Offenbach geborene und seit 1993 in Bischofsheim lebende, freischaffende Künstlerin von den menschenähnlichen Formen der Olivenbäume zum ersten Zyklus der Baumporträts inspiriert. Bei den Gemälden der Bäume steht nur der Stamm im Vordergrund, das Laub bleibt unberücksichtigt, sodass in Öl auf Leinwand für die Gäste abstrakte Stammstrukturen zu bestaunen waren. Die Arbeiten an den Werken der "Venus von Willendorf" begannen im Jahr 2004, nachdem die Künstlerin die Skulptur im Original im Naturhistorischen Museum in Wien gesehen und eine Replik erworben hatte. In den viel perspektivischen und variationsreichen Gemälden der nur 12 Zentimeter großen Statue dominiert die Farbe Rot, wodurch sie die Blicke der Besucher anzogen. Erstmals in der 20-jährigen Ausstellungstätigkeit öffnete das Frauenzentrum am Sonntag seine Türen auch für Männer, die auch sogleich zahlreich erschienen. Kunsthistorikerin Eva Patrizia Morreale, die seit mehreren Jahren mit der Bischofsheimer Künstlerin in engem Kontakt steht, eröffnete die Vernissage mit einer Einführung in das kombinierte Werk der "Venus im Baumgarten".

 

Ausstellung bis Ende Februar, Mo. bis Fr. 9 und 13 Uhr. Weitere Werke der Zyklen zeigt ab 6. Dezember das St. Josefs-Hospital in Wiesbaden.

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© Manfred Strehlow letzte Änderung 24.03.2024