Die Venus von Willendorf wurde 1908 bei Bauarbeiten in der Wachau Österreich gefunden. Sie
ist ca. 11 cm groß und aus Kalkstein gefertigt. Ihr Alter wird auf 28.000 -30.000 Jahre geschätzt. Von allen bisher gefunden Figuren ist sie am außergewöhnlichsten und mit großem Detailreichtum
gearbeitet.
Mein Interesse an altzeitlichen Frauenstatuetten war schon da, bevor es Eingang in meine
Malerei fand.
Vor vielen Jahren war ich in Wien im Naturhistorischen Museum, dort befindet sich das
Original…. mit teilweisen Anhaftungen von roter Farbe (Rötel*) die auch mit bloßem Auge gut zu erkennen sind.
Die Farbe ROT spielt auch u.a. deshalb eine große Rolle in meinen Gemälden. Ich habe dort
eine Replik erworben, die mir dann als Modell für die Bilder diente, und so konnte ich sie aus verschiedenen Perspektiven auf die Leinwand bringen. Bei den ersten Gemälden habe ich die Hintergründe
mit Sand und roter Ölfarbe angelegt, die Umrissformen der Figuren ausgespart und sie dann mit reiner Ölfarbe in pastoser, reliefhafter Technik gearbeitet. Dadurch entfalten sie eine eher skulpturale
Wirkung und treten aus dem Hintergrund plastisch hervor. Die ersten Bilder sind noch nahe am Modell, aber durch die extreme Vergrößerung kann man sie in ihrem Formenreichtum besser und intensiverer
wahrnehmen.
Je länger ich in diesen Kosmos eintauchte, umso mehr haben sie sich im Laufe des
Arbeitsprozesses verändert…. bis hin zu Ausschnitten weiblicher Körperlandschaften, die nicht mehr zwingend die Venus von Willendorf darstellen.
Hier zu sehen sind auch noch drei andere Venusstatuetten, von denen ich allerdings nur
fotografische Abbildungen zur Verfügung hatte.
- Die Venus von Savignano, gefunden in der Nähe von Modena / Italien, die ich hier in einem
Zwiegespräch gedoppelt dargestellt habe.
- Die Venus von Vestonice, gefunden in Südmähren, mit Ihrer „Schwester“ Venus von
Willendorf.
- Die Venus von Laussel, in Frankreich gefundener Ausschnitt eines
Wandreliefs.
Die Venus von Willendorf galt sehr lange als Fruchtbarkeitsgöttin. Es wurden allerdings
bis heute nur ca. 130 – 140 solche Statuetten im Raum von Westeuropa bis Sibirien gefunden. Was wohl gegen einen Göttinenkult spricht, da hätten es weitaus mehr sein müssen. Zumal es in der Steinzeit
wohl eher darum ging, die Kinder, die da waren am Leben zu erhalten, statt so viele wie möglich zu bekommen. Übrigens ist allen Statuetten gemeinsam, dass sie ohne Füße sind und man vermutet, dass
sie einfach in die Lehmböden der Behausungen gesteckt wurden und bei Ortswechseln auch leichter zu transportieren waren.
Heute geht die wissenschaftliche Forschung davon aus, dass es sich bei den Statuetten um
die Darstellung einer „Weisen alten Frau“ handelt (zumal auch einige Frauenskelette jenseits des Klimakteriums gefunden wurden). Die Großmütter gaben die Werte der Gruppe, ihr Wissen über
Heilkräuter, Geburt und Nahrung an die nächste Generation weiter. Sie haben somit eine entscheidende Rolle in der Geschichte der Menschheit gespielt…. nicht nur auf biologischer, sondern auch auf
kultureller Ebene.
Man sollte alle Interpretationen auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Zeitgeschichte
sehen. Diese Interpretation, der Huldigung „alten weisen Frauen“ ist für mich persönlich am schlüssigsten. Immer wenn ich die Replik der Venus von Willendorf in meiner Hand hielt und auch während des
Malprozesses, war es für mich wie eine Berührung mit uralter Zeit.
Die Venusstatuetten werden für uns immer auch ein Rätsel bleiben.
Claudia Eckstein-Strehlow – Bischofsheim, August
2025
*) Rötel (auch „roter Ocker“, „roter Eisenocker“ und Rötelstein genannt) gehört zu
den Mineralfarben und besteht aus einer weichen Mischung von Ton und Hämatit (Fe2O3), einem Eisenoxidmineral. Der Hämatit verursacht dabei die
tiefrote Farbe.